Donnerstag, 1. Dezember 2011

Ein Adventskalendertürchen

Als ich noch ein kleines Mädchen war von vielleicht 9 oder 10 Jahren - an das genaue Alter kann ich mich leider nicht erinnern - gab es in unserem kleinen Ort eine Frau, die sich der mühevollen Aufgabe unterzog, zu verschiedenen Anlässen (z.B. Muttertag und Weihnachten) mit uns Kindern Aufführungen einzustudieren und natürlich auch aufzuführen.

Es war etwa Mitte der 50er Jahre, als eine Weihnachtsaufführung in verschiedenen Akten in einem wirklich sehr großen Saal in unserer Gemeinde stattfinden sollte. Zu dieser Zeit war das allgemeine Unterhaltungsangebot noch eher spärlich (kein Fernsehen!) und da der Eintritt kostenlos war, platzte der Saal aus allen Nähten.

Meine Aufgaben waren:

Das Gedicht "Knecht Ruprecht" aufsagen,

bei einem Puppentanz mit verschiedenen Pärchen (z.B. Holländer) den Rokoko-Herrn zu mimen

und zum Abschluß der Veranstaltung, gleich im Anschluß an den Puppentanz, ein Gedicht aufzusagen.

Dazwischen gab es natürlich noch andere Programmpunkte, an die ich mich aber nicht erinnere. 

Ich weiß auch von keinen Pannen, es lief alles perfekt ab.
Als der Puppentanz vorbei war,  hätte ich nach vorne treten sollen, um mein Gedicht aufzusagen. 
Doch ich trat nicht. 
Unsere "Regisseurin" stand hinter den Kulissen und warf verzweifelt die Arme in die Luft und versuchte mich nach vorne zu scheuchen. 
Doch ich ging nicht. Und es fiel auch kein Vorhang. 
Atemlose Stille breitete sich im Saal aus in Erwartung dessen, was denn da noch kommen sollte. 

Endlich, nach einer schmerzhaft langen Pause, tat ich meine Pflicht, trat nach vorne an den Bühnenrand und sagte folgendes Gedicht auf:

Ach, wenn es doch endlich Weihnachten wär!
Verfasser unbekannt

Im Haus ist alles so heimlich und still
ob es bald Weihnachten werden will?
Ich freue mich ja auf das Christkind so sehr!
Ach - wenn es doch endlich Weihnachten wär´!

Ich strickt ein paar Strümpfe für den Papa.
wisst ihr, was neulich mit denen geschah?
´s Christkind hat dran gestrickt wohl die ganze Nacht
und hat mir die Strümpfe fertig gemacht.

Und denkt - es verlor gar, als es verschwand
zwei Zuckerkringel, die Vater dann fand.
Ich hoffe, es bringt mir noch ein paar mehr!
Ach, wenn es doch endlich Weihnachten wär´!

In Vaters Stube darf ich nicht geh´n -
durchs Schlüsselloch darf man doch auch nicht seh´n!
Und für mein Leben gern wüsste ich doch,
wo es so lieblich nach Christbaum roch.

Vielleicht das Christkindlein drinnen war
ich fand auf der Schwelle ein Engelhaar -
und eine dicke, goldene Nuß -
Ach! Daß man auf´s Christkind so warten muß!

Und Mutti läßt mich jetzt immer allein -
sie sagt, sie müßte beim Christkindchen sein.
Ich freu mich ja auf das Christkind so sehr!
Ach, wenn es doch endlich Weihnachten wär !

An das Alles hätte ich mich natürlich nicht mehr erinnern könne, wenn es mir nicht meine Mutter erzählt hätte, als ich schon erwachsen war. 
Sie meinte, mein langes Zögern vor dem Gedicht wäre dramaturgisch genial gewesen, weil das Publikum mittlerweile vor Spannung fast den Atem anhielt.


Ich hatte mal wieder einen Termin zu einer Fotosession mit mir - Adventfotos sozusagen.

Ich kann Euch nur empfehlen, in einen Spiegel zu fotografieren, ich schwöre Euch, ich sehe auf den Fotos mindestens 10 Jahre jünger aus, ohne irgend eine Retuschierung vorgenommen zu haben!

Aber eigentlich wollte ich nur meinen schönen neuen Walk-Janker zeigen, den mir mein Herzallerliebster geschenkt hat und den dicken warmen Schal, den ich vor kurzem erstanden habe. 

Das war heute fast ein Roman - puhhhhh!!!


13 Kommentare:

  1. Liebe Renate,
    Dein "Roman" war wunderschön zu lesen, das Gedicht ist wirklich sehr schön, ich kannte es bisher noch nicht. Ja, und Deine Fotosession phantastisch, vielleicht zeigst Du Deinen neuen Janker bei Gelegenheit mal, der Schal ist ein echter Hingucker. - Deine beiden letzten Posts waren - wie immer - wunderschön zu lesen und die Bilder schaue ich sowieso gerne an.
    Dir eine schöne Adventszeit und liebe Grüße
    Roswitha

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  2. ach Renate, dass ist deine zufriedene Ausstrahlung, wundervoll und echt niedlich die Geschichte !!!! Hab eine schöne Zeit, herzlich Kathrin

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  3. Zauberhafte Bilder...
    Liebe Grüße
    Sonja

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  4. Das weiss ich doch Herzilein, aber lass mich halt a weng Schleichwerbung für Dich machen ! Ichmusste einfach meiner Froide kundtun :-)

    Und ich wär sicher auch begesitert gewesen, wenn ich Dich Knirps des Gedichtla aufsagen gehört hätt ! Kannst Du es wohl heute noch ? Es war sicher furchtbar aufregend, und noch schlimmer, wenn Dich soviele Menschen atmenlos anstarren, umso mehr gebührt Dir Reschpekt, dass Du es dann doch noch aufgesagt hast !

    Mir gebührt heute auch Reschpekt, denn ich arbeite seit 5.30h und anstatt dass die Ärbeit weniger wird, wirdds immer mehr !

    MENNO, immerhin hab ich heute schon 2x was gegessen....
    Ich bin denn mal wieder fleissig und danke Dir von Herzen für Deine Herzensgüte und hol jetzt mein Unikumskissen zum Knuddeln :-)

    Epfe

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  5. You looks soo beautiful... great photos!

    Kisses:)

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  6. Ganz süß und charmant !
    Schönen Advent und liebe Grüße
    Elvira

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  7. Zauberhafte Bilder von dir und deine Erinnerungsgeschichte wunderschön!!! Liebe Grüße Yvonne

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  8. Liebe Renate,
    in diesem Spiegel sieht man eine glückliche Frau und das macht sowieso Jahrzehnte jünger. Und dann noch mit einem neuen Walkjanker und einen gelungenen gestickten Schal und Stulpen!
    Deine Kindheitserinnerungen sind spitze. Wahrscheinlich war es Lampenfieber.
    Schöne Grüße, Johanna

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  9. Hallo Schätzchen,
    eines kann ich Dir versichern: Es ist NICHT der Spiegel, Du schaust 10 Jahre jünger aus. Denk an
    unsere Verkäuferin, die da sagte: "Frau D., sie ältern nicht !"
    Mach Dir einen schönen Donnerstag-Abend!!!
    Liebe Grüße
    Brigitte P.

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  10. Liebe Renate,
    es ist doch sooooo schön, wenn solch tolle Kindheitserinnerungen bewahrt wurden. Eine schöne Geschichte hast Du uns erzählt und diese zusätzlich mit einem weinachtlichen Gedicht und Deinen - wie immer - fröhlichen Fotos "dekoriert".
    Ich besuche Deinen Blog immer gerne.
    Liebe Grüße und weiterhin eine schöne Adventszeit
    Anke

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  11. ....und was war das für ein schöner Roman, gespickt mit so tollen Fotos und einem wunderschönen Gedicht zum Schmunzeln.
    Darf ich es für mich weiterverwenden ??

    Ja, ich erinnere mich auch noch sehr gut an solche dörflichen Abende mit Vorträgen, Theatervorführungen -die es ja heute wieder mehr gibt- u. Familienabende, zu denen jede Familie ein warmes Essen mitbrachte und wir Kinder gingen dann durch die engen Bankreihen und schauten in Töpfe und Schüsseln.

    Liebe Renate, mit deinem Post hast du Erinnerungen in mir wachgeküsst. Danke vielmals dafür.
    Und ach ja, damals war es wohl üblich, dass Kinder Gedichte lernten u. aufsagten bei Geburtstagen, Hochzeiten und Festen ...
    Ich erinnere mich noch an folgenden Anfang:

    Arnika heißt das Blümelein,
    soll für die Wunden heilsam sein,
    wenns auch recht brennt.......?
    ....dazu hatte ich in meinem Körbchen immer ein gelbes Blümelein, ein echtes versteht sich, Plastikblumen gab es da noch nicht.

    Aber nun wirds bei mir ein Roman. Ende.

    Herzlich grüßt
    die
    Doris H.

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  12. Eine süße Geschichte hast du da erzählt! Ich war richtig gespannt beim Lesen...hihi.
    Die Fotoreihe von dir ist herzallerliebst und bezaubernd!

    Viele liebe Grüße von Jenny

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  13. ich weiß nicht warum aber das kommentarefeld bei dir braucht immer ewig -dabei gehört deine seite zu den wenigen, wo ich regelmäßig vorbei schaue, trotz lahmer leitung und zeitnot. die fotos sind wieder wunderschön und lebensfroh und das gedicht kannte ich auch noch nicht. erinnert mich an meine frühkindliche aufführung als fliegenpilz unter einem roten schirm - und stumm!!!!

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