Jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit fällt mir ein Ereignis aus meiner Kindheit ein. Es war ganz unspektakulär und eigentlich kaum erwähnenswert und doch kann ich mich sehr gut daran erinnern, kann sogar das Gefühl nachvollziehen, das mich damals durchströmte.
Ich war vielleicht 8, 9 oder 10 Jahre alt, da gab es in unserem kleinen Ort eine Frau, die sich aus eigenem Antrieb um uns Kinder kümmerte, kleine Aufführungen mit uns einstudierte oder mit uns kurze Ausflüge unternahm.
An diesem Tag in der Vorweihnachtszeit - es war Anfang bis Mitte der 50er Jahre - sammelte sie eine Handvoll Kinder ein und unternahm mit uns einen Spaziergang durch die tief verschneite Landschaft. Das Ziel war eine Frau in einem nahen Ort, die uns dann Geschichten vorlesen wollte und bei der wir evtl. ein paar Weihnachtsplätzchen naschen konnten.
Der Weg führte durch einen kleinen, tief verschneiten Wald.
Es war still, so still, dass selbst das Knacken eines Zweiges zu laut erschien. Der Schnee fiel in dicken Flocken lautlos zur Erde und die Welt schien in Watte gepackt.
Und da hatte ich ganz tief in mir drin ein beglückendes Weihnachtsgefühl,
anders kann ich es nicht beschreiben.
Und wenn ich heute an diesen Winterspaziergang denke,
kommt in mir wieder dieses Gefühl auf und ich wünschte, ich könnte es noch einmal erleben.
Rehe sind uns leider nicht begegnet, es hätte uns aber nicht gewundert. Und sicher wären sie nur dagestanden und hätten uns beobachtet, ohne Angst zu haben oder die Flucht zu ergreifen.
Die Bilder stammen aus dem Buch "Fröhliche Weihnachten" von Liesel und Raimund Erler, herausgegeben vom Kulturverein Ainring.